KURZBERICHT ZUR DEMONSTRATION VOM 02.07.2022

An der Demonstration „Rechte Raumnahme stoppen – Keine Homezone für Neonazis in Taucha!“ am 02.07. durch Taucha haben ca. 220 Menschen teilgenommen. Aufgerufen zu der Demonstration hatten das Aktionsnetzwerk Leipzig Nimmt Platz und Aktion Antifa Leipzig. Mit Sprechchören, Musik und vielen Redebeiträgen bewegte sich die Demonstration durch das Tauchaer Stadtgebiet. Anlass war ein massiver rechter Übergriff auf einen Jugendlichen am 22.06.2022 in Taucha (siehe https://saft.noblogs.org/post/2022/06/26/massiver-rechter-uebergriff-in-taucha-am-22-06-2022/).

Auch einige Tauchaer*innen schlossen sich der Demonstration an, nachdem bereits am Mittwoch etwa 70 Menschen bei einer Kundgebung unter dem Motto „Rechte Gewalt stoppen – Solidarität mit den Betroffenen“ auf dem Tauchaer Marktplatz zusammen kamen. Die Redebeiträge werden wir, soweit es die Redner*innen erlauben, zeitnah auf unserer Homepage zur Verfügung stellen.

Neben vereinzelten Pöbeleien am Rande der Demo kam es zu keinen weiteren Störungen. Es gab an mehreren Stellen Zuspruch von Passant*innen. Auch andere Anwohner*innen bekundeten ihre Unterstützung nach kurzem Gespräch oder zeigten einfach den Daumen hoch am Fenster.

Nach mehr als drei Stunden endete die Demonstration auf dem Taucher Marktplatz. Der Trinkbrunnen erfreute sich großer Beliebtheit. Nach der Abschlusskundgebung zogen die Demonstrierenden zurück zum Tauchaer Bahnhof. Wir bedanken uns bei allen, die nach Taucha gekommen sind, um Solidarität mit den Betroffenen zu zeigen und auf die rechten Strukturen in Taucha aufmerksam zu machen. Danke auch an die Organisator*innen und Redner*innen!

Uns wurde zugetragen, dass auch der Betroffene und eine Bezugsperson auf der Demonstration waren. Beide waren wohl sehr dankbar für das kraftspendende Zeichen und das Engagement von SAfT e.V.. Wir stehen weiterhin für Unterstützung bereit.

Solidarische Grüße

SAfT e.V.

PS Hier noch mal der Hinweis auf einen Einordnungsversuch von uns im Vorfeld der Demonstration https://saft.noblogs.org/post/2022/07/01/ausfuehrlicheres-zur-demo-am-02-07-2022/

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Ausführlicheres zur Demo am 02.07.2022

In Taucha wird es am 02.07.2022 eine Demonstration unter dem Motto „Rechte Raumnahme stoppen – Keine Homezone für Nazis in Taucha“ geben. Aufgerufen zur Demonstration hat das Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz und die Antifa Aktion Leipzig.

Anlass ist der schwere rechte Übergriff auf einen Teenager am 22.06.2022 in Taucha und die zahlreichen weiteren Vorfälle aus den vergangenen Jahren.

Wir hoffen auf eine kraftvolle, entschlossen und Mut machende Demonstration.

Zum Vorfall -> https://saft.noblogs.org/post/2022/06/26/massiver-rechter-uebergriff-in-taucha-am-22-06-2022/

Ohne eine Bestätigung des Vorfalls durch polizeiliche Ermittlungen, werden Menschen weiter Zweifel am Hergang hegen. Wir respektieren die Entscheidung des Betroffenen, sich nicht an die Polizei zu wenden und empfehlen Betroffenen stets die Opferberatung SUPPORT des RAA Sachsen e.V. zu kontaktieren. Eine Anzeige würde nicht sicherstellen, dass dem Betroffenen geglaubt wird und ihn möglicher Weise sogar zusätzlich gefährden. Wir arbeiten also mit dem, was wir haben. Wir sind da im Zweifelsfall einfach erst mal parteiisch. Für Betroffene von rechter Gewalt in der Stadt ansprechbar zu sein, ist Teil unseres Selbstverständnisses. SAfT e.V. ist auch ein Raum für Empowerment, gegenseitige Unterstützung und Rückhalt. Betroffenen wird ja häufig nicht geglaubt. Gleichzeitig gibt es natürlich auch Fälle, die sich später als Erfunden herausstellen. Wir haben abgewogen, versucht nach unseren Möglichkeiten zu prüfen und sind zu dem Schluss gekommen, dass wir das erst mal für glaubhaft & plausibel halten!

Warum die Demo am 02.07.2022 sinnvoll ist

Im Vorfeld der Demonstration 2015 „Kamal K. von Rassisten ermordet! Nazis keine Ruhe lassen! Nichts wird vergessen, nichts ist vergeben!“ und auch der Kundgebung „Rechte Hetze ist keine Alternative“ 2020 wurde Angst vor einem unfriedlichen Verlauf der Veranstaltungen geschürt und teilweise bei vergangenen Veranstaltungen von SAfT e.V. vor „Polittourist:innen“ gewarnt. Ersteres trat bei keiner Veranstaltung ein. Bis auf rechte Provokationen verliefen die Veranstaltungen störungsfrei.

Im Folgenden wollen wir ein paar Überlegungen transparent machen, um unser Handeln verständlicher zu machen, aber auch zur Kritik einladen. Wir wollen so auch Menschen, die vielleicht bisher nicht so viel mit der Art von Engagement zu tun haben, offenlegen, was uns als Initiative bewegt und zu Entscheidungen führt.

1. Interventionen von „Außen“ sind legitim

Über Demonstrationen jenseits der Großstadt, für die viel in Leipzig oder anderen Großstädten mobilisiert wird, wird vor Ort häufig viel gestritten. Oft sind Positionen zu vernehmen, die solche Demonstrationen als eine unzulässige Einmischung von Außen betrachten. Es wird auf eine lokale Definitionsmacht bestanden. Dem soll an dieser Stelle eine andere Sicht gegenübergestellt werden.

Die Tauchaer Stadtgesellschaft ist keine Insel. Es gibt zahlreiche Verflechtungen mit Leipzig, dem Umland und vielen anderen Orten darüber hinaus. Ausgerechnet bei einem spezifischen gesamtgesellschaftlich relevanten Thema darauf zu bestehen, dass man das ausschließlich vor Ort verhandeln darf, macht keinen Sinn.

Seit einigen Jahren wir auch noch mehr darauf geachtet solche Interventionen nicht an den lokal aktiven Gruppen vorbei zu organisieren, sondern frühzeitig den Austausch und Absprachen zu suchen. Das heißt nicht, dass es auch ohne solche Absprachen sinnvoll sein kann, solche Demonstrationen durchzuführen. Aber da wo Strukturen bestehen und inhaltlich zusammengearbeitet werden kann, sollte das auch geschehen, sonst besteht schnell die Gefahr lokales Engagement unsichtbar zu machen, lokale Expertise zu ignorieren und die Mär von den „national-befreiten Zonen“ zu reproduzieren. Schließlich geht es auch darum nachhaltige Effekte zu erzeugen und lokale Gruppen langfristig zu stärken. Das ist auch in Fall der Demonstration am 02.07.2022 geschehen, wenn auch aufgrund der knappen Vorbereitungszeit nicht ganz reibungsfrei. Nicht zuletzt sollen solche Demonstrationen Öffentlichkeit für lokale Probleme schaffen, die Politik zum handeln bewegen, die Zivilgesellschaft vor Ort aktivieren und Engagierten Unterstützungsbereitschaft signalisieren. Manchmal sollen sie auch ganz konkret Schlimmeres verhindern, bspw. wenn bei pogromartigen Ausschreitungen Unterkünfte von Geflüchteten angegriffen werden. Gleichzeitig sollen solche Demonstrationen auch ein Zeichen an die extrem rechte Szene und andere Menschenfeinde senden, dass Gegenwind zu erwarten ist, deren Handeln beobachtet und öffentlich zum Thema gemacht wird.

2. Demonstrationen schaffen einen sicheren Ort

Bei der Kundgebung am vergangenen Mittwoch wurden wir von einigen Tauchaer:innen, aber auch von Auswärtigen, darauf angesprochen, ob wir uns sicher sind, dass wir eine Kundgebung nur mit ausschließlich lokaler Mobilisierung durchführen wollen. Es gab Bedenken bezüglich der Sicherheit der Teilnehmenden und dass man sich quasi auf dem Präsentierteller den Tauchaer Neonazis servieren würde. Wir sind das Risiko eingegangen und hatten Glück, dass sich so viele Tauchaer:innen eingefunden haben und die Polizei sich um die rechten Störer gekümmert hat. Wäre das anders gelaufen, wären wir sicherlich mit (auch berechtigter) Kritik konfrontiert gewesen fahrlässig gehandelt zu haben. Mit solchen Fragen müssen wir uns angesichts der „sächsischen Verhältnisse“ in Taucha beschäftigen!

Demonstrationen mit Unterstützung aus anderen Regionen schaffen einen Raum in dem sich auch lokal aktive Menschen relativ sicher und geschützt fühlen können. Es ermöglicht ihnen aus der häufig gefühlten Ohnmacht gegenüber den lokalen Verhältnissen auszubrechen, einen Moment der Stärke und Solidarität zu spüren. Nicht zuletzt macht es auch Spaß mit anderen Menschen gemeinsam seine politischen Forderungen auf die Straße zu tragen. Viele Tauchaer Jugendliche, fahren mangels Angeboten und dem Unwohlsein mit der rechten Präsenz in der Stadt nach Leipzig um politisch aktiv zu sein oder kulturelle Angebote wahrzunehmen. Wir hoffen sie finden den Mut zur Demonstration dazu zu stoßen, denn „Die Kidz sind okay“. Gleiches gilt natürlich auch für die Erwachsenen, besonders die, die Einschüchterungsversuche von Neonazis vielleicht selbst schon erlebt haben.

3. Demonstrationen müssen nicht allen gefallen

Das durchführen von Demonstrationen ist ein Grundrecht. Mensch darf auch jenseits vom eigenen Wohnort Demonstrationen anmelden und besuchen. Es gibt keine Demonstrationspflicht. Manchmal gibt es zu Demonstrationen sogar Gegendemonstrationen, mal spontan, mal organisiert. Leute können auch fast für jeden Quatsch demonstrieren, so lange sie es schaffen ein paar Worte für eine Anmeldung zu formulieren, teilweise funktioniert das aber auch ganz ohne, wie in den vergangenen zwei Jahren bei diversen unangemeldeten Aufzügen in sächsischen Kleinstädten zu sehen war. Es steht selbstverständlich auch allen frei Demonstrationen in Inhalt und Form zu kritisieren. Wenn Interesse an einer ernsthaften Auseinandersetzung über den Sinn und Unsinn solcher politischen Veranstaltungen besteht, dann sollten Statements besten Falls etwas ausführlicher ausfallen, als in ein paar wenigen Worten in den Kommentarspalten auf facebook.

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Was uns noch wichtig ist

Auch wenn die Stille aus der Tauchaer Politik und Stadtverwaltung für uns zu Beginn unseres Engagements als SAfT teilweise unverständlich und schwer zu ertragen war, haben uns auch in Taucha von Anfang an Menschen und Strukturen unterstützt, wenn auch nicht immer mit so lauter Stimme, wie wir es uns gewünscht hätten. Um so mehr freuen wir uns, dass vor Ort inzwischen ein solides Netzwerk entstanden ist! Initiativen aus Leipzig haben uns ebenfalls von Anfang an unterstützt und Hilfe angeboten, auch mit Gruppen aus anderen Kleinstädten in Sachsen waren und sind wir in engem Austausch.

Uns als Tauchaer:innen und Unterstützer:innen geht es und ging es nie um „Taucha-Bashing“ sondern darum, unsere Kritik auch immer mit konstruktiven Vorschlägen vorzutragen und selbst mittels Engagement und verschiedenen Formaten Akzente zu setzen. Wer unser Engagement als Spaltung erlebt, hat bestehende ausgrenzende und ausschließende Dynamiken in Taucha nicht gesehen oder nicht sehen wollen. Nun erleben manche unser Engagement als Störung, aber einfach darauf zu bestehen, dass alles bleibt, wie es ist oder war, funktioniert in einer sich ständig wandelnden Welt nicht.

Das Veränderungen Kraft kosten oder auch mal überfordern, können wir gut nachvollziehen, es nützt aber nichts den Kopf in den Sand zu stecken und im vermeintlich besseren Gestern zu verharren.

Wir laden dazu ein sich weiter gemeinsam für eine zukunftsfähige, vielfältige, offene und konfliktfähige Stadtgesellschaft einzusetzen.

Wir glauben in Taucha gibt es ein großes Potential den rechten Strukturen etwas entgegen zu setzen. Es gibt viele bestehende Initiativen, die sich für ein menschliches Miteinander einsetzen. Auch die Wiederwahl von Tobias Meier als Bürgermeister mit mehr als 75% der abgegebenen Stimmen gibt ein wenig Hoffnung. Die fortschrittlichen Teile der Tauchaer Stadtgesellschaft gilt es weiter zu aktivieren und zu ermutigen klar Position zu beziehen.

Für ein #SolidarischesTaucha !!!

Wir wünschen einen guten Demonstrationsverlauf.

SAfT e.V. – Solidarische Alternativen für Taucha

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Kurzbericht zur Kundgebung „Rechte Gewalt stoppen“ am 29.06.2022

Für die Kundgebung „Rechte Gewalt stoppen – Solidarität mit den Betroffenen“ am 29.06.2022 hatten wir ausschließlich in Taucha mobilisiert. Etwas 70 Menschen verschiedenen Alters, inklusive einiger Unterstützer:innen aus Leipzig, haben an der Kundgebung teilgenommen, unter anderem auch einige Vertreter:innen der lokalen Politik. DANKE an alle, die da waren und gezeigt haben, dass die Tauchaer Stadtgesellschaft bereit ist, hier Position zu beziehen. Anlass der Kundgebung war ein massiver rechter Übergriff auf einen Jugendlichen in Taucha ( https://saft.noblogs.org/…/massiver-rechter-uebergriff…/) und die zahlreichen Vorfälle aus den letzten Jahren. (https://chronikle.org/ereignisse?area=taucha)

DANKE für den unkomplizierten Techniksupport aus Leipzig. Es gab einige Redebeiträge aus dem Kreise der Aktiven bei SAfT e.V.. Am Rande der Kundgebung provozierten einige Angehörige der rechten Szene Tauchas. Diese wurden von der anwesenden Polizei aber auf Distanz gehalten.

Im Vorfeld wurde sich vor allem auf facebook ausführlich über die Kundgebung empört. Uns irritiert immer wieder mit wie viel Häme und Abwertung auf so simple demokratische Akte der politischen Mitgestaltung reagiert wird. Unser Ziel ist es nicht, Taucha in „eine rechte Ecke“ zu stellen, sondern für eine lebenswerte, vielfältige und solidarische Gesellschaft zu streiten. Engagement gegen und die Thematisierung von menschenverachtenden Einstellungen und Strukturen sind damit zwingend verbunden. Wir haben es oft erlebt, dass Tauchaer:innen sich zum Thema rechte Gewalt und Strukturen aus Angst gar nicht oder nur hinter vorgehaltener Hand äußern. Das gilt es zu ändern!

Wenn eine rechte Hegemonie die Freiheit der Vielfalt bedroht, ein Klima schafft in dem sich Menschen nicht trauen anders zu sein, dann verkümmert auch das soziale und kulturelle Leben einer Stadt. Viele Tauchaer:innen setzen bereits seit Jahren Akzente für eine offene Gesellschaft und wir tragen unseren Teil dazu bei. Für Betroffene von rechter Gewalt in der Stadt ansprechbar zu sein, ist Teil unseres Selbstverständnisses. SAfT e.V. ist auch ein Raum für Empowerment, gegenseitige Unterstützung und Rückhalt.

https://saft.noblogs.org/werwiewas-saft/selbstverstandnis/

Wir als Verein sind auch nicht, wie hier und da von „Empörten“ behauptet wird, von der Aufmerksamkeit im Kontext rechter Aktivitäten und Übergriffe abhängig, dass haben wir durch verschiedenste Aktivitäten bewiesen und werden das nach unseren Kräften und Kapazitäten auch weiterhin tun.

Solidarische Grüße

SAfT e.V. – Solidarische Alternativen für Taucha

Wir haben die Teilnehmer:innen zu deren Schutz auf dem Foto unkenntlich gemacht. Wir konnten nicht mit allen Teilnehmer:innen besprechen, ob sie in diesem Kontext im Internet zu sehen seien wollen. Gesicht zeigen in der analogen Welt scheint uns wichtiger!

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Massiver rechter Übergriff in Taucha am 22.06.2022

Triggerwarnung: Dieser Text enthält Schilderungen von Gewalt und Missbrauch.

In den frühen Morgenstunden des 22.06.2022 wurde ein 14-jähriger Tauchaer für mehrere Stunden von zwei mutmaßlichen Neonazis festgehalten, genötigt und misshandelt. „Dem Betroffenen gilt unsere Solidarität und Unterstützung. Wir sind erschrocken und wütend angesichts der menschenverachtenden Gewalt gegen den Teenager“, so eine Vertreterin von SAfT e.V. – Solidarische Alternativen für Taucha. Die Tat ist ein trauriger Höhepunkt einer schon seit mehreren Jahren zu beobachtenden Entwicklung in Taucha.

Der Betroffene wurde in der Nähe des Gut Graßdorf von zwei Personen bedrängt, geschlagen, genötigt und über mehrere Stunden festgehalten. Der Jugendliche wurde durchsucht und homo- bzw. transfeindlich beleidigt. Er wurde gezwungen seine Bekleidung bis auf die Unterwäsche abzulegen, wurde bespuckt, fotografiert und gefilmt.

Der Betroffene war unter Androhung von weiterer Gewalt gezwungen, mehrere Stunden mit den Täter:innen zu verbringen, wurde quasi verhört und teilweise nur spärlich bekleidet durch die Straßen der näheren Umgebung getrieben, um nach vermeintlich linken Graffiti zu suchen.

Die Täter:innen versuchten außerdem Informationen über politische Strukturen, Freund:innen und Bekannte zu erpressen und schlugen auf ihr Opfer ein, bis dieses zu Boden ging. Beendet wurde dies Situation mit der Aufforderung alle linken Graffiti in Taucha bis Freitag, den 24.06.2022, zu entfernen. Die Täter:innen drohten an, sonst mit ihren Freunden wiederzukommen. So die Beschreibung des Tathergangs auf der Homepage https://aale.noblogs.org/rechter-angriff/.

Wir verabscheuen diese Tat und wünschen dem Betroffenen eine schnelle Erholung von den Verletzungen, Erniedrigungen und Einschüchterungen. Wir stehen für weitere Unterstützung bereit.

Engagement in Taucha ist bitter nötig, dass zeigen der erschreckende Übergriff am 22.06.2022 und diverse Vorfälle aus den vergangenen Jahren, von denen hier einige beispielhaft angeführt werden.

Erst vor wenigen Wochen wurde zum fünften mal in zwei Jahren eine Scheibe der Ladenfront des Allmende Taucha e.V. mutwillig sehr wahrscheinlich durch Angehörige der extrem rechten Szene beschädigt. Im August 2021 wurde eine Aktion zum Christopher Street Day auf dem Tauchaer Marktplatz wegen rechten Drohungen und Pöbeleien abgebrochen. Erinnert sei auch an den Übergriff von zwei Tauchaer Tätern aus dem rechten Spektrum in Jesewitz im Mai 2021. Infolgedessen ist der betroffene Indonesier aus der Gegend weggezogen. Bei einem Mitglied von SAfT e.V. wurde das Fahrrad vor dem Wohnhaus demoliert, nachdem er ebenfalls im Mai auf Stickern im ganzen Stadtgebiet als vermeintlicher Linksterrorist diffamiert und seine Adresse veröffentlicht wurde. Bekannte Akteure aus dem extrem rechten Milieu trainierten die Bediensteten der Tauchaer Polizeibehörde, betreiben in Taucha ein Kampfsportgym oder sind im Vereinssport beim Volleyball aktiv. All das scheint bislang weder in der Tauchaer Verwaltung und Politik oder der örtlichen Zivilgesellschaft größeren Widerspruch zu erzeugen, noch bei der Polizei zu mehr Aktivität und proaktiven Interventionen zu führen.

Bei der Landratswahl im Juni 2022 gaben mehr als 1000 Tauchaer:innen der Kandidatin der extrem rechten Partei „Freie Sachsen“ ihre Stimme. Beide Bürgermeisterkandidaten in Taucha waren sich im Interview mit „Taucha Kompakt“ im Vorfeld der Wahl einig, dass es in Taucha bereits mehrere Wellen extrem rechter Präsenz zu verzeichnen gab und normalisierten die Übergriffe damit. Solche Wellen gilt es zu brechen und nicht darauf zu warten, dass sie schon vorbeigehen mögen.

„Wir wünschen uns für Taucha mehr Mut und Engagement für eine lebendige demokratische und weltoffene Stadtgesellschaft. Dafür reichen bloße Appelle und Lippenbekenntnisse nicht aus“, so Klaus-Dieter Jacob von SAfT e.V., der selber schon von zahlreichen Einschüchterungsversuchen betroffen war. Es geht darum, auch im Kleinen zu widersprechen, alternative Angebote zu etablieren, Strukturen zu benennen und einzuhegen. Zögern und Wegschauen wird die Situation nur verschlechtern. An die Erfolge aus der Arbeit, der am Runden Tisch Taucha beteiligten Akteur:innen, muss angeknüpft werden, um die extreme Rechte in Taucha langfristig zu marginalisieren.

Wir rufen dazu auf, bei rechter Hetze entschieden zu widersprechen, die gewaltaffinen rechten Strukturen immer wieder kritisch zum Thema zu machen und sich für eine Gesellschaft der Vielen und der Vielfalt stark zu machen.

Die besten Genesungswünsche an den Betroffenen!

Solidarische Grüße von SAfT e.V. aus Taucha (geändert am 26.06.202219:21)

Nachtrag vom 27.06.2022 20:30

Ein kleiner Nachtrag, weil an der ein oder anderen Stelle Zweifel an den Geschehnissen bzw. deren Darstellung zu vernehmen sind: Wir sind da im Zweifelsfall einfach erst mal parteiisch. Betroffenen wird ja häufig nicht geglaubt. Gleichzeitig gibt es natürlich auch Fälle, die sich später als Fake herausstellen. Wir haben abgewogen, versucht nach unseren Möglichkeiten zu prüfen und sind zu dem Schluss gekommen, dass wir das erst mal für glaubhaft & plausibel halten!

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Denkmalschutz für ehemaliges HASAG-„Gefolgschaftshaus“ in Taucha

Der Erhalt des ehemaligen HASAG-Gebäudes scheint gesichert. Das Landesamt für Denkmalschutz wird das ursprünglich zum Abriss vorgesehene Gebäude unter Schutz stellen. Die Stadtverwaltung hat angekündigt, dass sie keine Einwände gegen die Unterschutzstellung vortragen wird. Wir freuen uns über den Erfolg und danken allen Unterstützer*innen!

SAfT e.V. hatte den Erhalt mit einem Offenen Brief gefordert -> https://saft.noblogs.org/offener-brief-update-kein-abriss-des-ehemaligen-hasag-gebaeudes-in-taucha/

Hier ein paar Links zur Medienberichterstattung:

01.03.2022 / Taucha Kompakt / Alte Poliklinik soll Denkmal werden – Abriss-Vorhaben offenbar gestoppt

www.taucha-kompakt.de/2022/alte-poliklinik-soll-denkmal-werden-abriss-offenbar-gestoppt/

04.03.2022 / LVZ – Leipziger Volkszeitung / Abriss vom Tisch: Tauchas alte Poliklinik ist jetzt ein Kulturdenkmal

https://www.lvz.de/Region/Taucha/Abriss-vom-Tisch-Tauchas-alte-Poliklinik-ist-jetzt-ein-Kulturdenkmal

04.03.2022 / Leipziger Internetzeitung / Leipziger Internetzeitung / SAfT e.V. freut sich: Der Erhalt des ehemaligen HASAG-Gebäude in Taucha ist gesichert

https://www.l-iz.de/politik/region/2022/03/saft-e-v-freut-sich-der-erhalt-des-ehemaligen-hasag-gebaeudes-in-taucha-ist-gesichert-436844

02.03.2022 / Podcast der Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig

Weitere Informationen zum Gebäude hier -> https://saft.noblogs.org/weiterfuehrende-links-hasag-gebaeude-taucha/

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Kritische Anmerkungen zu geplanten Verlegung einer Stolperschwelle in Taucha

Kritische Anmerkungen zur Stolperschwelle_SAfT_05022022

Vornweg:

Wir begrüßen das Engagement im Rahmen des „Stolperschwellenprojektes“ der Schüler:innen & Lehrer:innen des Geschwister-Scholl-Gymnasiums ausdrücklich und möchten auch das Engagement derer explizit würdigen, die sich seit Jahren kontinuierlich für eine aktive Gedenk- und Erinnerungskultur an die NS-Vergangenheit in Taucha einsetzen.

Worum geht es?

Am 17.05.2022 soll am Tauchaer Marktplatz eine Stolperschwelle verlegt werden. Die Stolperschwelle ist Ergebnis eines Schüler:innenprojektes, welches durch den Erich Zeigner Haus e.V. begleitet wurde1. Ein Reader zum Projekt veröffentlichte der Erich-Zeigner-Haus e.V. auf seiner Homepage2. Das Projekt wiederum ist im Nachgang zu einer Workshopreihe u.a. in Taucha zum Thema Historisch Politische Bildungsarbeit des Erich Zeigner Haus e.V. entstanden3.

Mit der Stolperschwelle soll an die zwischen September 1944 und April 1945 in Taucha untergebrachten KZ-Inhaftierten, welche bei der HASAG Zwangsarbeit leisten mussten, erinnern. Das Barackenlager für die mehr als 1500 Inhaftierten war ein Außenlager des KZ-Buchenwald auf dem Gelände der heutigen Matthias-Erzberger-Str. 34. Das Gelände ist durch das Landesamt für Archäologie als Bodendenkmal ausgewiesen. Aktuell ist das Gelände mit Solaranlagen bebaut. Überliefert sind u.a. die Erzählungen von Ruth Elias5 und Anna Nussbächer6, welche als KZ-Inhaftierte die Befreiung durch die amerikanischen Truppen in Taucha erlebten.

Der Verlegeort soll an den ehemaligen Standort des Gasthof Zum Goldenen Löwen anknüpfen. Dieser diente ab Februar 1944 als Unterkunft für Zwangsarbeiter, welche in den ERLA-Werken arbeiten mussten. Der Gasthof wurde mutmaßlich im gleichen Jahr durch einen alliierten Bombenangriff zerstört.

Die Inschrift soll nach unseren Informationen wie folgt lauten:

HIER AM MARKT 6 — FEBRUAR 1944 —

WURDEN ZWANGSARBEITENDE DER ERLA-MASCHINENWERKE INTERNIERT.

DIE HASAG SETZTE IN TAUCHA VON SEPTEMBER 1944 BIS APRIL 1945 1271 WEIBLICHE UND 960 MÄNNLICHE HÄFTLINGE VERSCHIEDENER NATIONALITÄTEN EINES KZ-AUSSENLAGERS VON BUCHENWALD ZUR RÜSTUNGSPRODUKTION EIN.

ENTRECHTUNG, AUSBEUTUNG, MISSHANDLUNGEN, ERMORDUNGEN WAREN IHR ALLTAG.

VIELE WURDEN DEPORTIERT ODER AUF TODESMÄRSCHE GESCHICKT.

Kritische Anmerkungen

Problematischer räumlicher Bezug

Eine Qualität von Stolpersteinen und Stolperschwellen ist, dass Sie einen konkreten Ortsbezug haben. Stolpersteine liegen bspw. vor einem Wohnhaus in dem früher NS-Opfer gewohnt haben. Stolperschwellen liegen bspw. wie im Fall Leipzig-Dösen am Standort einer ehemaligen „Heil- und Pflegeanstalt“ und sollen an die Opfer der NS-Euthanasie erinnern. Wenn man an die ehemaligen KZ-Inhaftierten in Taucha mit einer Stolperschwelle erinnern wöllte, dann sollte man also einen Ort mit konkretem historischen Bezug wählen wie bspw. der ehemalige Lagerstandort, der ehemalige Einsatzort der KZ-Inhaftierten oder den ehemaligen Güterbahnhof als Ankunfts- & Abfahrtsorte der Züge aus und in die Vernichtungslager. Dass diese Orte abgelegener als der Marktplatz sind, kann kein Argument sein, wenn es darum geht den räumlichen Bezug ernst zu nehmen. Durch die Wahl einer Adresse am Taucher Marktplatz entstehen in der folge inhaltliche Probleme, auf die als nächstes eingegangen werden soll.

Mangel an Differenzierung / unnötige Verkürzung bzw. Auslassung

In dem aktuellen Textvorschlag wird der räumliche Bezug zum Verlegeort hergestellt, in dem auf die Zwangsarbeiter (nach Quellenlage vermutliche französischer und sowjetischer Herkunft) der ERLA-Werke verwiesen wird7. So werden inhaltlich die KZ-Inhaftierten, welche unter einem ganz anderen Kontroll- bzw. Vernichtungsregime „lebten“ mit den im ehemaligen Gasthof untergebrachten Zwangsarbeiter:innen zusammengebracht. Dieser inhaltliche Spagat ist alleinig dem Ort der Verlegung geschuldet. Die inhaltliche Klammer ist Opfer von Zwangsarbeit im Nationalsozialismus. Dass in Taucha aber tausende weitere Zwangsarbeiter:innen und Kriegsgefangene untergebracht waren, welche teilweise ebenso für die HASAG, aber auch für die ERLA-Werke, aber eben auch für die Mitteldeutschen Motorenwerke, als dritten großen Rüstungsbetrieb, und viele weitere kleinere Betriebe, in der Landwirtschaft sowie für die Stadtverwaltung arbeiten mussten, wird trotz der Klammer ausgelassen. Mit diesen Unschärfen fällt die Stolperschwelle inhaltlich hinter die bestehenden Gedenksymbole am Kleinen Schöppenteich zurück, auf welche im nächsten Punkt eingegangen werden soll.

Zahl der Inhaftierten problematisch

Im Text werden jeweils für Frauen und Männer konkrete Zahlen an Inhaftierten angegeben. In der Veröffentlichung „NS-Terror und Verfolgung in Sachsen – Von den Frühen Konzentrationslagern bis zu den Todesmärschen“ (2018) der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung werden folgende Zahlen angegeben: mindestens 1352 Frauen, 466 Männer sowie 500 dänische Polizeihäftlinge8. Bei den inhaftierten Männern weicht die Zahl auf der Stolperschwelle also nur leicht von der Zahl aus der Veröffentlichung ab. Die Zahl von 1271 inhaftierten Frauen auf der Stolperschwelle deckt sich mit der Zahl einer Monatsmeldung der Inhaftiertenzahlen vom 17.10.1944. Da auch nach dem 17.10.1944 weitere kleinere Transporte mit Frauen in Taucha eintrafen9, spricht viel dafür, dass die Zahl höher also höher als 1271 lag. Es spricht demzufolge wenig dafür, die konkrete Zahl von 1271 inhaftierten Frauen auf der Stolperschwelle zu „verewigen“.

Symbolkonkurrenz zu den Stelen am Kleinen Schöppenteich

Gäbe es in Taucha nicht bereits die Stelen am Kleinen Schöppenteich, welche das dortige Mahnmal für die Opfer des Faschismus, auf eine sehr ausführliche und inhaltlich differenzierte Art und Weise ergänzen, könnt man sagen: besser als nichts. So ist es aber nun mal nicht. Die Stelen weisen sehr differenziert auf die verschiedenen Opfergruppen, auch auf die ehemaligen Inhaftierten des KZ-Außenlagers hin. Außerdem sind viele ehemalige Lagerstandorte auf einer Karte verortet. An der zentrumsnahen Anlage wird jedes Jahr anlässlich des internationalen Gedenktages an die Opfer des Holocaust eine Gedenkveranstaltung durchgeführt. Eine wirkliche Ergänzung wären Zeichen des Erinnerns und Gedenkens an den konkreten historischen Orten. Ein unter Denkmalschutz stehende Baracke in der Dorfstraße Wurde bereits vor Jahren abgerissen. An der heutigen Grundschule am Park, dem historischen Standort des ehemaligen Schützenhauses, in dem die ersten Zwangsarbeiter 1940 in Taucha untergebracht wurden, wird mit einer Plakette mit folgender Aufschrift an die Geschichte des Standortes erinnert:An diesem Standort 1876 am Standort errichtet. Später als Stadthalle über 100 Jahre Versammlungs- und Vergnügungsort für die Tauchaer Bürger.“. Auch an den Wohnorten ehemaliger jüdischer Einwohner*innen erinnert bisher kein Stolperstein an deren Schicksale im Nationalsozialismus. Das ehemalige „Gefolgschaftshaus“ des Tauchaer HASAG-Werkes soll nach aktuellen Planungen abgerissen werden10. Ein Erinnerungszeichen am Seegeritzer Weg 10 ist seit Jahrzehnten verschwunden, auch wenn die ehemalige Barackenlagerfläche immerhin auch als Bodendenkmal eingestuft wurde. Im ehemaligen Verwaltungsgebäude der Mitteldeutschen Motorenwerke wurde in den letzten Jahren Krieg mit Lasertec-Waffen gespielt, während das Gebäude weiter verfällt.

Warum die Kritik so öffentlich?

Wir haben mehrfach unsere Kritik gegenüber den Projektverantwortlichen und verschiedenen anderen Beteiligten vorgetragen, allerdings ohne dass darauf inhaltlich bzw. argumentativ eingegangen wurde. Wir wollen hier keinen Burgfrieden zugunsten eines harmonischen Erinnerns und Gedenkens wahren, sondern letzteres zum Gegenstand öffentlicher Auseinandersetzung und Diskussion machen. Davon lebt nicht nur eine demokratische Gesellschaft, sondern auch eine kritische Gedenk- und Erinnerungskultur.

Wie weiter?

Wir würden hiermit gerne die öffentliche Debatte um die Stolperschwelle in Schwung bringen und im besten Fall dazu Beiträgen ggf. inhaltlich nachzuschärfen. Wir halten einen anderen Verlegeort und/oder eine Anpassung des Textes für notwendig, um nicht bewusst unnötige Ungenauigkeiten in Kauf zu nehmen. Mindestens aber, wollen wir hiermit unsere Kritik zu Protokoll geben.Außerdem möchten wir alle Interessierten dazu einladen gemeinsam weitere Projekte zu entwickeln.

Solidarische Grüße Einige Engagierte bei SAfT e.V. / info@saft-taucha.org

4Brenner, Hans; Heidrich, Wolfgang; Müller, Klaus-Dieter und Wendler, Dietmar (Hrsg.) (2018): NS-Terror und Verfolgung in Sachsen – Von den Frühen Konzentrationslagern bis zu den Todesmärschen. SLPB. S.571/572.

5Elias, Ruth (1998): Die Hoffnung hielt mich am Leben: Mein Weg von Theresienstadt und Auschwitz nach Israel. PIPER.

6Nussbächer, Anna (2012): Warum wurde ich zum Leben verurteilt? – Erinnerungen. Public book media Verlag.

7Gut möglich, dass die Informationen zu den Zwangsarbeitern der ERLA-Werke eine Reaktion auf unsere Kritik des mangelnden Ortsbezugs war.

8Brenner, Hans; Heidrich, Wolfgang; Müller, Klaus-Dieter und Wendler, Dietmar (Hrsg.) (2018): NS-Terror und Verfolgung in Sachsen – Von den Frühen Konzentrationslagern bis zu den Todesmärschen. SLPB. S.571/572.

9In der Sammlung der Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig sind einige Kopien von Transportlisten zu finden.

10 https://saft.noblogs.org/offener-brief-update-kein-abriss-des-ehemaligen-hasag-gebaeudes-in-taucha/

Anmerkung:

Uns wurde am 04.02.2022 nach Veröffentlichung des Textes eine aktualisierte Version der Inschrift mit kleinen Änderungen übermittelt. Wir haben das im Text entsprechend geändert.

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Update vom 30.11.2021 – Offener Brief „Kein Abriss des ehemaligen HASAG-Gebäudes in Taucha“

pdf-Version OffenerBrief_HASAGTaucha_Update_30112021

Vorwort zu den Änderungen am Offenen Brief

Nach aktuellem Stand der Forschung handelte es sich bei dem ehemaligen HASAG-Gebäude in der Graßdorfer Str. 13 nicht um das zentrale Verwaltungsgebäude des Tauchaer HASAG-Werkes. Historische Pläne und anderer Quellen legen nahe, dass es sich um die Betriebsküche und das „Gefolgschaftshaus“ des Betriebes handelte. Wir haben den Offenen Brief zum Erhalt des Gebäudes an die neuen Erkenntnisse entsprechend angepasst.

Wir hatten uns bei der Bezeichnung des Gebäudes als Verwaltungsgebäude auf die bis dahin veröffentlichten Informationen zum Gebäude gestützt. Da viele Unterlagen im Angesicht der zu erwartenden Niederlage kurz vor Kriegsende systematisch vernichtet wurden und eine ausführliche Forschung zur lokalen NS-Geschichte in Taucha bisher nicht vorliegt, bleibt die Spurensuche mühsam. Somit kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass sich mit der Erschließung weiterer Quellen auch der Wissensstand zum konkreten Gebäude erweitern wird und aktuelle Erkenntnisse ggf. verworfen werden müssen.

Wir haben alle Unterstützer:innen und unterstützenden Organisationen von den inhaltlichen Änderungen in Kenntnis gesetzt und gebeten sich zu melden, falls diese ihre Unterstützung zurückziehen möchten. Es gab bisher ausschließlich positive Resonanz bzgl. der neuen Erkenntnisse durch die Forschung, welche durch den Offenen Brief mitinitiiert wurde. Vielen Dank an Martin Clemens Winter für die zügige und ansprechende Veröffentlichung zum aktuellen Forschungsstand. Weitere Informationen zum Forschungsprojekt sind hier zu finden: https://hasagpuzzle.hypotheses.org/

Es ist durchaus üblich, dass vor allem kleine Initiativen dazu beitragen, dass die historischen Orte mit einer besonderen Vergangenheit im Nationalsozialismus ins Licht der Öffentlichkeit geraten, neue Forschungen anstoßen oder letztere sogar selbst betreiben. Auch in Taucha haben vor allem engagierte ehrenamtliche „Geschichtsforscher:innen“ dazu beigetragen, dass die nationalsozialistische Vergangenheit Tauchas nicht in Vergessenheit geriet und viel Wissen und Material zusammengetragen.

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Offener Brief von SAfT e.V. / aktualisierte & geänderte Version vom 30.11.2021

Kein Abriss des ehemaligen HASAG-Gebäudes in Taucha!

Der aktuell als Ärzt:innenhaus genutzte Klinkerbau mit der Adresse Graßdorfer Straße 13 soll perspektivisch abgerissen werden. Der städtische Unternehmensverbund WOTa will unweit ein neues Gebäude für Arztpraxen und andere gesundheitsbezogene Angebote errichten1. Der Tauchaer Stadtrat hatte am 17.06.2021 dazu einen Aufstellungsbeschluss2 und am 14.10.2021 die Auslegung des Bebauungsplans beschlossen3.

Historische Bedeutung

Das Gebäude in der Graßdorfer Straße wurde nach derzeitigen Erkenntnissen etwa 1940 als „Gefolgschaftshaus“, inklusive der Betriebsküche, des ersten Tauchaer Werkes der Hugo Schneider Aktiengesellschaft (kurz HASAG) errichtet4. Die HASAG avancierte während des Nationalsozialismus vom Lampenhersteller zu einem großen Produktionsbetrieb für Waffen und andere Rüstungsgüter. Ihr Hauptsitz befand sich auf dem Gelände des heutigen Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in Leipzig. Die HASAG war eng verflochten mit dem NS-Apparat und wurde sogar zum nationalsozialistischen Vorzeigebetrieb. In Taucha übte die HASAG Druck auf die Stadtverwaltung aus, um die „Arisierung“ des Grundstückes zu erreichen, auf dem später das zweite Tauchaer HASAG-Werk, wenn auch nur für kurze Zeit, in Betrieb genommen wurde5.

In Taucha beschäftigte sie tausende Zwangsarbeiter:innen, darunter Kriegsgefangene, sogenannte „zivile Zwangsarbeiter:innen“ und KZ-Inhaftierte. Auf dem Gelände der heutigen Matthias-Erzberger-Str. 3 übernahm die HASAG im September 1944 ein Barackenlager der Mitteldeutschen Motorenwerke (kurz MIMO). Das Gelände wurde zur Außenstelle des Konzentrationslagers Buchenwald. Die ersten Transporte aus anderen KZ-Standorten trafen 07.09.1944 ein. Mehrere tausend Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma, politisch Inhaftierte und andere Verfolgte wurden dort in menschenunwürdigen Verhältnissen untergebracht. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen und die Tage der Befreiung durch die US-Streitkräfte hat unter anderen Ruth Elias in ihrer Biographie5 eindrücklich geschildert.

Zu DDR-Zeiten wurde das vom Abriss bedrohte Gebäude als Poliklinik genutzt. Benannt war die Poliklinik nach Dr. Margarete Blank, welche 1944 von den Nazis verhaftet und am 08.02.1945 ermordet wurde. Die Ärztin mit ihrer Praxis in Panitzsch half illegal bei der medizinischen Versorgung der Zwangsarbeiter:innen in Taucha6.

Das HASAG-Gebäude ist ein authentischer Ort in zentraler Lage, anders als etwa das inzwischen denkmalgeschützte ehemalige Verwaltungsgebäude der MIMO mitten im Wald am Rand der Stadt. Im Gegensatz zum Mahnmal und den Stelen am Schöppenteich oder der angedachten Stolperschwelle verweist die Bausubstanz des Gebäudes in der Graßdorfer Straße 13 nicht lediglich auf andere Orte, sondern stellt an sich ein authentisches, materielles Zeugnis dar, welches Auskunft über die Geschichte geben kann. Es ist ein Ort, an dem die nationalsozialistische Vergemeinschaftung der Arbeiter:innen aufgrund antisemitischer und rassistischer Kategorisierungen praktiziert wurde. Auf einem historischen Foto ist zu sehen, dass an der Gebäudefassade des ehemaligen „Gefolgschaftshauses“ die Parole “Durch totalen Arbeitseinsatz zum totalen Sieg über den Bolschewismus” auf einem Schild angebracht war7. Auch dies spricht für eine zentrale, auch ideologische Funktion des Gebäudes im Kontext des gesamten HASAG-Werkes. Für beide erhaltene Gebäude der großen Rüstungsbetriebe, die Tauchas Entwicklung maßgeblich bestimmten, scheint die Zukunft nun ungewiss. Das HASAG-Gebäude soll abgerissen werden. Das MIMO-Gebäude wird offensichtlich weiterhin dem Verfall überlassen.

Die letzte erhaltene Unterkunftsbaracke in der Cradefelder Dorfstr. 10 wurde 2005 trotz Denkmalschutzes abgerissen. Andere authentische Orte mit so engem Bezug, so zentraler Bedeutung und Lage sind in Taucha nicht erhalten. Ein Erhalt ist aus unserer Sicht aufgrund der historischen Bedeutung des Gebäudes dringend geboten.

Ressourcen schonen

Architekt:innen und Nachhaltigkeitsexpert:innen sprechen sich zudem zunehmend auch aus Gründen des Klima- und Ressourcenschutz für einen Erhalt, bzw. für die Umgestaltung alter Bausubstanz ein. Die sogenannte „graue Energie“ – also die in Bestandsgebäuden bereits investierten Ressourcen wie z.B Zement, Kies, Sand sowie die verbrauchte Energie für die Herstellung und Aufbereitung – soll nicht verschwendet werden. Hinzu käme noch Aufwand und Energie für Abriss und Entsorgung. Auch aus ökologischen und wirtschaftlichen Gründen muss einem Abriss also kritisch gegenüber gestanden werden.

Mit dem Erhalt des Gebäudes in der Graßdorfer Straße hätte die Stadt Taucha demnach die Chance, einen Beitrag zur ökologisch sinnvollen Nutzung vorhandener Ressourcen zu leisten. Zusätzlich kann dadurch ein bedeutsamer Ort der jüngeren Geschichte zukünftigen Generationen zugänglich gemacht und eine lebendige Erinnerungskultur in Taucha etabliert werden.

Das Argument der WOTa, durch den Abriss des Gebäudes eine Fläche für benötigte Parkplätze zu gewinnen, ist nicht überzeugend. Auf dem beplanten Grundstück sind ausreichend Alternativflächen für Parkplätze vorhanden. Bei einer Umnutzung oder Erweiterung des Bestandsgebäudes bräuchte man evtl. gar keine zusätzlichen Parkplätze. Viel bedeutsamer wäre im Sinne einer Gesundheitsversorgung für alle und der erwünschten Reduktion des belastenden PKW-Verkehrs stattdessen eine barrierefreie Anbindung der Gesundheitsinfrastruktur an den ÖPNV.

Eine Alternative zum Abriss

Taucha braucht einen festen Ort für Soziokultur, zivilgesellschaftliche Initiativen und Vereine. Dieser kann nicht nur zur Vitalisierung des kulturellen und sozialen Lebens in der Kleinstadt beitragen, sondern auch die „Abhängigkeit“ vom Leipziger Kulturangebot verringern. Taucha muss mehr sein als eine Schlafstadt im Speckgürtel von Leipzig!

Die aktuellen Problemlagen mit dem Erstarken antidemokratischer Einstellungen müssen ernst genommen werden. Demokratie vor Ort leben heißt Beteiligung ermöglichen, Platz bieten für eine offene Gesellschaft, für kritische Auseinandersetzung und vielfältige Begegnungen. So verlangt auch der aktuelle Koalitionsvertrag in Sachsen nach solchen Orten der demokratischen Erneuerung gerade im ländlichen Raum. Der Runde Tisch Taucha kam in seinem Positionspapier „Ein solidarisches und demokratisches Gemeinwesen gestalten“ ebenso zu dem Schluss, dass ein Ort der demokratischen Zivilgesellschaft in Taucha dringend nötig ist. Verschiedene Vereine und Initiativen, wie sie in den letzten Jahren in und um Taucha zahlreich entstanden sind, Beratungs- und Kulturangebote können dort Platz finden.

Da sich das Gebäude in der Graßdorfer Straße 13 im Gegensatz zum MIMO-Gebäude in kommunalem Besitz befindet, sind auch die politischen Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten der Kommune größer. Mögliche Nachnutzungen sollten geprüft und ggf. sogar gemeinsam mit verschiedenen Akteur:innen erarbeitet werden. Wir sehen Taucha hier in der Pflicht und Verantwortung, das Gebäude als solches zu erhalten und somit eine lebendige Erinnerungs- und Gedenkkultur zu ermöglichen.

Wir fordern: Kein Abriss der Graßdorfer Str. 13!

Wir schlagen des Weiteren vor, an oder in dem Gebäude eine Tafel zu installieren, auf welcher über die Geschichte des Gebäudes im Kontext der NS-Rüstungsindustrie informiert wird. Außerdem möchten wir eine dauerhafte Ausstellung in Taucha anregen, welche sich mit der Entwicklung der Stadt im Nationalsozialismus auseinandersetzt.

SAfT e.V. – Solidarische Alternativen für Taucha / Graßdorfer Str. 13 / 04425 Taucha / info@saft-taucha.org Transparenzhinweis: SAfT e.V. mietet aktuell im Objekt einen 15m² großen Raum als Postanschrift, Büro und Abstellort.

1 https://www.wota-online.de/projekte/aerztezentrum/projektuebersicht/

2 https://taucha.de/aktuelle-mitteilungen/news/beschluesse-der-23-stadtratssitzung.html

3 https://taucha.de/aktuelle-mitteilungen/news/tagesordnung-fuer-die-26-stadtratssitzung.html

4 https://hasagpuzzle.hypotheses.org/753

5 Elias, Ruth (1988): Die Hoffnung erhielt mich am Leben – Mein Weg von Theresienstadt und Auschwitz nach Israel. Piper.

6 http://margarete-blank-gedenkstaette.com/?page_id=27

7 https://hasagpuzzle.hypotheses.org/650

Unterstützende Organisationen

Aktives Museum e.V. (Berlin)

AKuBiZ e.V. (Pirna)

Bon Courage e.V. (Borna)

Dr. Margarete Blank Gedenkstätte Panitzsch e.V.

Erich-Zeigner-Haus e.V. (Leipzig)

Flexibles Jugendmanagement Landkreis Leipzig

Förderverein für Jugendkultur- und Zwischenmenschlichkeit e.V.

Förderverein Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain e. V.

Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig / Erinnern an NS-Verbrechen in Leipzig e.V.

Gesicht zeigen – Netzwerk für demokratisches Handeln (Penig)

Hanse 3 e.V. (Dresden)

Heimatverein Taucha e.V.

Naschkatze Taucha

Netzwerk für Demokratische Kultur e.V. (Wurzen)

Kinder- und Jugendring Landkreis Leipzig

Klima-Initiative Taucha

kunZstoffe – urbane Ideenwerkstatt e.V. (Leipzig)

Lixer e.V. (Leipzig)

sLAG – sächsische Landesarbeitsgemeinschaft Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus

VVN-BdA Sachsen

VVN-BdA Leipzig

Unterstützende Einzelpersonen

Anke Binnewerg (Denkmalpflegerin / Bildende Künstlerin, Tharandt)

Carola Ilian (Denkmalpflegerin / Stadt-und Regionalplanerin, Dresden)

Dr. Martin Clemens Winter, Wissenschaftlicher Mitarbeiter / Alfred Landecker Lecturer am Historischen Seminar der Universität Leipzig
Forschungsprojekt zu Unternehmenskultur, Zwangsarbeit und Judenmord beim Leipziger Rüstungskonzern HASAG

Jens Nagel, Leiter der Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain

PD Dr. Nils M. Franke, Wissenschaftliches Büro Leipzig

Prof. Dr. Christiane Salge, Technische Universität Darmstadt, Fachgebiet Architektur- und Kunstgeschichte

Prof. Dr. Eva v. Engelberg, Universität Siegen, Lehrgebiet Architekturgeschichte

Prof. Dr. Heike Oevermann, Denkmalpflege / Heritage Sciences (Vertretungsprofessur)
Institut für Archäologische Wissenschaften, Denkmalwissenschaften und Kunstgeschichte (IADK) Otto-Friedrich-Universität Bamberg

Prof. Dr. Jens-Christian Wagner, Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora

PD. Dr. phil Meinrad v. Engelberg, Kunsthistoriker (Wiesbaden)

Tobias Schwabe, Ehrenamtlicher Beauftragter für Denkmalpflege für den Landkreis Nordsachsen

Neufassung vom 30.11.2021 (letzte Aktualisierung der Unterstützer:innenliste: 30.11.2021)

Hier noch Links zum Thema, die wir empfehlen:

„…ein kleines, schönes Gefolgschaftshaus“. Die HASAG in Taucha (II) / Martin Clemens Winter 25.11.2021

„…ein kleines, schönes Gefolgschaftshaus“. Die HASAG in Taucha (II)

Antisemitismus – „Arisierung“ – Abriss?  Die HASAG in Taucha / Martin Clemens Winter 27.10.2021

Antisemitismus – “Arisierung” – Abriss? Die HASAG in Taucha

Taucha bekommt neues Ärztehaus – Offener Brief gegen Abriss des Bestandsbaus / TAUCHA KOMPAKT Daniel Große 18.10.2021

Taucha bekommt neues Ärztehaus – Offener Brief gegen Abriss des Bestandsbaus

Zwangsarbeit in der Rüstungsindustrie: die HASAG – Leipzigs vergessene Waffenschmiede / MDR 23.02.2021 https://www.mdr.de/entdecke/hasag-ruestungsunternehmen-leipzig-132.html

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OFFENER BRIEF_Kein Abriss des ehemaligen HASAG-Verwaltungsgebäudes in Taucha!

Offener Brief von SAfT e.V. vom 13.10.2021                                                                      pdf-Version OffenerBrief_KeinAbriss_Taucha_13102021

Kein Abriss des ehemaligen HASAG-Verwaltungsgebäudes in Taucha!

Der aktuell als Ärzt:innenhaus genutzte Klinkerbau mit der Adresse Graßdorferstraße 13 soll perspektivisch abgerissen werden. Der städtische Unternehmensverbund WOTa will unweit ein neues Gebäude für Arztpraxen und andere gesundheitsbezogene Angebote errichten1. Der Tauchaer Stadtrat hatte am 17.06.2021 dazu einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan gefasst2 und wird wahrscheinlich am 14.10.2021 die Auslegung des Bebauungsplans beschließen3.

Historische Bedeutung

Zu DDR-Zeiten wurde das Gebäude als Poliklinik genutzt. Ursprünglich errichtet wurde es als Verwaltungsgebäude der Tauchaer Werke der Hugo Schneider Aktiengesellschaft (kurz HASAG). Die HASAG avancierte während des Nationalsozialismus vom Lampenhersteller zu einem großen Produktionsbetrieb für Waffen und andere Rüstungsgüter. Ihr Hauptsitz befand sich auf dem Gelände des heutigen Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in Leipzig. Die HASAG war eng verflochten mit dem NS-Apparat und wurde sogar zum nationalsozialistischen Vorzeigebetrieb.

In Taucha beschäftigte sie tausende Zwangsarbeiter:innen, darunter Kriegsgefangene, sogenannte „zivile Zwangsarbeiter:innen“ und KZ-Inhaftierte. Auf dem Gelände der heutigen Matthias-Erzberger-Str. 3 übernahm die HASAG im September 1944 ein Barackenlager der Mitteldeutschen Motorenwerke (kurz MIMO). Das Gelände wurde zur Außenstelle des Konzentrationslagers Buchenwald. Die ersten Transporte aus anderen KZ-Standorten trafen 07.09.1944 ein. Mehrere tausend Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma, politisch Inhaftierte und andere Verfolgte wurden dort in menschenunwürdigen Verhältnissen untergebracht. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen und die Tage der Befreiung durch die US-Streitkräfte hat unter anderen Ruth Elias in ihrer Biographie eindrücklich geschildert.

Das HASAG-Gebäude ist ein authentischer Ort in zentraler Lage, anders als etwa das inzwischen denkmalgeschützte ehemalige Verwaltungsgebäude der MIMO mitten im Wald am Rand der Stadt. Im Gegensatz zum Mahnmal und den Stelen am Schöppenteich oder der angedachten Stolperschwelle verweist die Bausubstanz des Gebäudes in der Graßdorferstraße 13 nicht lediglich auf andere Orte, sondern stellt an sich ein authentisches, materielles Zeugnis dar, welches Auskunft über die Geschichte geben kann. Es ist ein Ort, von dem aus die Rüstungsproduktion, der Einsatz sowie die Unterbringung von Zwangsarbeiter*innen bei den Tauchaer Ablegern der HASAG koordiniert wurde. Für beide ehemalige Verwaltungsgebäude der großen Rüstungsbetriebe, die Tauchas Entwicklung maßgeblich bestimmten, scheint die Zukunft nun ungewiss. Das HASAG-Gebäude soll abgerissen werden. Das MIMO-Gebäude wird offensichtlich weiterhin dem Verfall überlassen.

Die letzte erhaltene Unterkunftsbaracke in der Cradefelder Dorfstr. 10 wurde 2005 trotz Denkmalschutzes abgerissen. Andere authentische Orte mit so engem Bezug, so zentraler Bedeutung und Lage sind in Taucha nicht erhalten. Ein Erhalt ist aus unserer Sicht aufgrund der historischen Bedeutung des Gebäudes dringend geboten.

Ressourcen schonen

Architekt:innen und Nachhaltigkeitsexpert:innen sprechen sich zudem zunehmend auch aus Gründen des Klima- und Ressourcenschutz für einen Erhalt, bzw. für die Umgestaltung alter Bausubstanz ein. Die sogenannte „graue Energie“ – also die in Bestandsgebäuden bereits investierten Ressourcen wie z.B Zement, Kies, Sand sowie die verbrauchte Energie für die Herstellung und Aufbereitung – soll nicht verschwendet werden. Hinzu käme noch Aufwand und Energie für Abriss und Entsorgung. Auch aus ökologischen und wirtschaftlichen Gründen muss einem Abriss also kritisch gegenüber gestanden werden.

Mit dem Erhalt des Gebäudes in der Graßdorfer Straße hätte die Stadt Taucha demnach die Chance, einen Beitrag zur ökologisch sinnvollen Nutzung vorhandener Ressourcen zu leisten. Zusätzlich kann dadurch ein bedeutsamer Ort der jüngeren Geschichte zukünftigen Generationen zugänglich gemacht und eine lebendige Erinnerungskultur in Taucha etabliert werden.

Das Argument der WOTa, durch den Abriss des Gebäudes eine Fläche für benötigte Parkplätze zu gewinnen, ist nicht überzeugend. Auf dem beplanten Grundstück sind ausreichend Alternativflächen für Parkplätze vorhanden. Bei einer Umnutzung oder Erweiterung des Bestandsgebäudes bräuchte man evtl. gar keine zusätzlichen Parkplätze. Viel bedeutsamer wäre im Sinne einer Gesundheitsversorgung für alle und der erwünschten Reduktion des belastenden PKW-Verkehrs stattdessen eine barrierefreie Anbindung der Gesundheitsinfrastruktur an den ÖPNV.

Eine Alternative zum Abriss

Taucha braucht einen festen Ort für Soziokultur, zivilgesellschaftliche Initiativen und Vereine. Dieser kann nicht nur zur Vitalisierung des kulturellen und sozialen Lebens in der Kleinstadt beitragen, sondern auch die „Abhängigkeit“ vom Leipziger Kulturangebot verringern. Taucha muss mehr sein als eine Schlafstadt im Speckgürtel von Leipzig!

Die aktuellen Problemlagen mit dem Erstarken antidemokratischer Einstellungen müssen ernst genommen werden. Demokratie vor Ort leben heißt Beteiligung ermöglichen, Platz bieten für eine offene Gesellschaft, für kritische Auseinandersetzung und vielfältige Begegnungen. So verlangt auch der aktuelle Koalitionsvertrag in Sachsen nach solchen Orten der demokratischen Erneuerung gerade im ländlichen Raum. Der Runde Tisch Taucha kam in seinem Positionspapier „Ein solidarisches und demokratisches Gemeinwesen gestalten“ ebenso zu dem Schluss, dass ein Ort der demokratischen Zivilgesellschaft in Taucha dringend nötig ist. Verschiedene Vereine und Initiativen, wie sie in den letzten Jahren in und um Taucha zahlreich entstanden sind, Beratungs- und Kulturangebote können dort Platz finden.

Da sich das Gebäude in der Graßdorfer Straße 13 im Gegensatz zum MIMO-Gebäude in kommunalem Besitz befindet, sind auch die politischen Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten der Kommune größer. Mögliche Nachnutzungen sollten geprüft und ggf. sogar gemeinsam mit verschiedenen Akteur:innen erarbeitet werden. Wir sehen Taucha hier in der Pflicht und Verantwortung, das Gebäude als solches zu erhalten und somit eine lebendige Erinnerungs- und Gedenkkultur zu ermöglichen.

Wir fordern: Kein Abriss der Graßdorfer Str. 13!

Wir schlagen des Weiteren vor, an oder in dem Gebäude eine Tafel zu installieren, auf welcher über die Geschichte des Gebäudes im Kontext der NS-Rüstungsindustrie informiert wird. Außerdem möchten wir eine dauerhafte Ausstellung in Taucha anregen, welche sich mit der Entwicklung der Stadt im Nationalsozialismus auseinandersetzt.

SAfT e.V. – Solidarische Alternativen für Taucha / Graßdorfer Str. 13 / 04425 Taucha / info@saft-taucha.org Transparenzhinweis: SAfT e.V. mietet aktuell im Objekt einen 15m² großen Raum als Postanschrift, Büro und Abstellort.

Unterstützende Organisationen

Aktives Museum e.V. (Berlin)

AKuBiZ e.V. (Pirna)

Bon Courage e.V. (Borna)

Dr. Margarete Blank Gedenkstätte Panitzsch e.V.

Erich-Zeigner-Haus e.V. (Leipzig)

Flexibles Jugendmanagement Landkreis Leipzig

Förderverein für Jugendkultur- und Zwischenmenschlichkeit e.V.

Förderverein Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain e. V.

Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig / Erinnern an NS-Verbrechen in Leipzig e.V.

Gesicht zeigen – Netzwerk für demokratisches Handeln (Penig)

Hanse 3 e.V. (Dresden)

Heimatverein Taucha e.V.

Netzwerk für Demokratische Kultur e.V. (Wurzen)

Kinder- und Jugendring Landkreis Leipzig

Klima-Initiative Taucha

kunZstoffe – urbane Ideenwerkstatt e.V. (Leipzig)

Lixer e.V. (Leipzig)

sLAG – sächsische Landesarbeitsgemeinschaft Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus

VVN-BdA Sachsen

VVN-BdA Leipzig

Unterstützende Einzelpersonen

Anke Binnewerg (Denkmalpflegerin / Bildende Künstlerin, Tharandt)

Carola Ilian (Denkmalpflegerin / Stadt-und Regionalplanerin, Dresden)

Dr. Martin Clemens Winter, Wissenschaftlicher Mitarbeiter / Alfred Landecker Lecturer am Historischen Seminar der Universität Leipzig
Forschungsprojekt zu Unternehmenskultur, Zwangsarbeit und Judenmord beim Leipziger Rüstungskonzern HASAG

Jens Nagel, Leiter der Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain

PD Dr. Nils M. Franke, Wissenschaftliches Büro Leipzig

Prof. Dr. Christiane Salge, Technische Universität Darmstadt, Fachgebiet Architektur- und Kunstgeschichte

Prof. Dr. Eva v. Engelberg, Universität Siegen, Lehrgebiet Architekturgeschichte

Prof. Dr. Heike Oevermann, Denkmalpflege / Heritage Sciences (Vertretungsprofessur)
Institut für Archäologische Wissenschaften, Denkmalwissenschaften und Kunstgeschichte (IADK) Otto-Friedrich-Universität Bamberg

Prof. Dr. Jens-Christian Wagner, Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora

PD. Dr. phil Meinrad v. Engelberg, Kunsthistoriker (Wiesbaden)

Stand 13.10.2021 (aktualisiert am 14.10.2021, 15.10.2021, 16.10.2021, 19.10.2021, 25.10.2021, 26.10.2021, 27.10.2021)

Fußnoten

1 https://www.wota-online.de/projekte/aerztezentrum/projektuebersicht/

2 https://taucha.de/aktuelle-mitteilungen/news/beschluesse-der-23-stadtratssitzung.html

3 https://taucha.de/aktuelle-mitteilungen/news/tagesordnung-fuer-die-26-stadtratssitzung.html

NACHTRAG VOM 14.11.2021

Die Quellenlage ist leider trotz weiterer Recherchen dürftig. Nach unserem aktuellen Wissensstand wurde das Gebäude wahrscheinlich 1940 durch die HASAG errichtet und als Verwaltungsgebäude und Betriebsküche des ersten Tauchaer HASAG-Werkes genutzt. Überliefert ist auch die Bezeichnung als Hauptgebäude. Auf einem historischen Foto lässt sich erkennen, dass im Außenbereich Bänke zum Verweilen aufgestellt sind und Gardinen im ersten Stockwerk hängen. Für die zentrale Bedeutung des Gebäudes spricht auch ein großes Schild an der Fassade, auf dem der Schriftzug „Durch totalen Arbeitseinsatz zum totalen Sieg über den Bolschewismus“ zu erkennen ist. Nach dem zweiten Weltkrieg ist es außerdem üblich, dass vor allem die Verwaltungsgebäude der Rüstungsbetriebe erhalten blieben, während die Produktionsinfrastruktur demontiert oder zerstört wurde. Wir sind auf jeden Fall weiterhin auf der Suche nach historischen Quellen und Zeitzeug:innen, die zum Objekt Auskunft geben können.

Hier noch Links zum Thema, die wir empfehlen:

„…ein kleines, schönes Gefolgschaftshaus“. Die HASAG in Taucha (II) / Martin Clemens Winter 25.11.2021

„…ein kleines, schönes Gefolgschaftshaus“. Die HASAG in Taucha (II)

Antisemitismus – „Arisierung“ – Abriss?  Die HASAG in Taucha / Martin Clemens Winter 27.10.2021

Antisemitismus – “Arisierung” – Abriss? Die HASAG in Taucha

Taucha bekommt neues Ärztehaus – Offener Brief gegen Abriss des Bestandsbaus / TAUCHA KOMPAKT Daniel Große 18.10.2021

Taucha bekommt neues Ärztehaus – Offener Brief gegen Abriss des Bestandsbaus

Zwangsarbeit in der Rüstungsindustrie: die HASAG – Leipzigs vergessene Waffenschmiede / MDR 23.02.2021 https://www.mdr.de/entdecke/hasag-ruestungsunternehmen-leipzig-132.html

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Ausstellung #StolenMemory & Rahmenprogramm vom 08.-20.10.2021 in Taucha

 

 

Vom 08.-20.10.2021 wird die AUSSTELLUNG #StolenMemory der Arolsen Archives auf dem Taucher Marktplatz zu sehen sein. Wir als SAfT e.V. sind die Partnerorganisation vor Ort. Die Arolsen Archives bilden das größte Archiv über die Opfer und die Überlebenden des NS-Regimes und sind Teil des UNESCO Welt-Dokumentenerbes.

Foto: Johanna Groß

Der Ausstellungscontainer wird tagsüber geöffnet sein und kann jederzeit selbstständig begangen werden. Die Ausstellung widmet sich persönlichen Gegenständen von NS-Verfolgten und macht auf die damit verknüpften Schicksale aufmerksam, zeigt aber auch Leerstellen und weitere Herausforderungen im Umgang mit den sogenannten Effekten, dem Erinnern und Gedenken auf.

(c) Arolsen Archives

Allgemeine Informationen zu Ausstellung gibt es hier: https://arolsen-archives.org/lernen-mitwirken/ausstellungen-kampagnen/stolenmemory/wanderausstellung/

Bildungmaterialien ist unter folgendem Link zu finden: https://stolenmemory.org/ (Im Menu oben „Material“). Das Arolsen Archiv steht auch für Rückfragen bzgl. der Materialien & möglicher Formate zur Verfügung.

Ein RAHMENPROGRAMM zur #StolenMemory-Ausstellung wird es ebenfalls geben.

Hinweis: Um die Abstandsregeln besser umsetzen zu können, finden die Veranstaltungen in der Kulturscheune statt. Für warme Getränke und Decken wird gesorgt. Die aktuellen Corona-Regeln sind einzuhalten.

Kulturscheune Schloss Taucha, Haugwitzwinkel 1, 04425 Taucha

08.10.2021 / 17.ooUhr  Auftaktveranstaltung zur Ausstellung mit Ramona Bräu (Arolsen Archives)

Taucha ist im Nationalsozialismus groß geworden. Die Einwohner*innenzahl hat sich im Zuge der Ansiedlung der NS-Rüstungsindustrie verdreifacht. Tausende Zwangsarbeiter*innen waren in der Stadt untergebracht. In einem Außenlager des KZ-Buchenwald waren mehr als 1000 Frauen und mehrere hundert Männer inhaftiert. Das Stadtbild von Taucha ist enorm geprägt von der nationalsozialistischen Vergangenheit und auch da, wo man es nicht vermutet finden sich Bezüge zu den nationalsozialistischen Verbrechen. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte bleibt dringend geboten.
Zur Auftaktveranstaltung führt eine Vertreter*in der Arolsen Archives in die Ausstellung und die Arbeit des Archivs ein.

11.10.2021 / 18.ooUhr Vortrag „Zwangsarbeitslager als Gegenstand der Archäologischen Denkmalpflege“ mit Dr. Michael Strobel  (Landesamt für Archäologie – Sachsen)

In Taucha sind mittlerweile zwei Flächen, auf denen sich ehemals Lager zur Unterbringung von Zwangsarbeiter*innen befanden, als Bodendenkmale eingetragen. Dr. Michael Strobel spricht über die Bedeutung solcher Bodendenkmale und warum diese als solche ausgewiesen werden.

14.10.2021 / 18.ooUhr Vortrag „ZwangsarbeiterInnen in der NS-Rüstungsproduktion“ (Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig)

Ein Großteil der in Taucha eingesetzten Zwangsarbeiter*innen waren Frauen. Der Vortrag beleuchtet die Bedeutung von Frauen in der NS-Zwangsarbeit am Beispiel Taucha.

16.10.2021 / 14.ooUhr Radtour „Orte der NS-Zwangsarbeit in Taucha“ TREFFPUNKT: Grundschule am Park (Eine Veranstaltung der Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig)

Mehr als 5.000 Zwangsarbeiter+innen aus unterschiedlichen Teilen Europas lebten zum Ende des Zweiten Weltkriegs in Taucha. Viele von ihnen wurden in den Rüstungsbetrieben, wie der Hugo-Schneider-Aktiengesellschaft (HASAG) oder den Mitteldeutschen Motorenwerken (MIMO), zur Arbeit gezwungen. Zwangsarbeiter*innen wurden aber auch in der Landwirtschaft, bei Straßenbauvorhaben oder der Friedhofspflege eingesetzt. Dabei waren Lebensbedingungen und Unterbringung entsprechend der NS-Ideologie sehr unterschiedlich.
Die ca. vier Kilometer lange Fahrradtour durch die Kleinstadt im Nordosten von Leipzig führt die Teilnehmer*innen zu verschiedenen Orten von NS-Zwangsarbeit. Auch wenn heute kaum noch bauliche Überreste der Lager zu finden sind, soll die Auseinandersetzung mit dem System der NS-Zwangsarbeit an den jeweiligen spezifischen Orten erfolgen. Darüber hinaus wird sich dem Schicksal der Zwangsarbeiter*innen anhand von historischen und biografischen Dokumenten genähert. Die Radtour endet am Kleinen Schöppenteich, dem zentralen Erinnerungsort an die NS-Zwangsarbeit in Taucha. Dort besteht die Möglichkeit zu vertiefenden Diskussionen über Relevanz und Aktualität des Erinnerns an das öffentliche Massenverbrechen der NS-Zwangsarbeit.

Finanziell unterstützt wird die Realisierung des Rahmenprogramms durch die Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen e.V.. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.

 

 

 

 

 

 

 

In Kooperation mit:

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MONALiesA macht MEDIEN mit SAfT e.V. in Taucha

Teilnehmer*innen von MonaLiesA macht Medien – Eine Veranstaltung für junge Frauen und Non-Binary“Am Freitag, den 11.6.2021, am späten Nachmittag, fand im Garten des neu entstehenden Bildungs- und Begegnungshauses „SÜDHAUS“ an der Schmiede 4 in Sehlis der erste Teil eines Doppelworkshops der Veranstaltungsreihe „MONALiesA macht Medien“ für junge Frauen und Non-Binary im ländlichen Raum statt.

Veranstaltet als Kooperation der gleichnamigen feministischen Bibliothek aus Leipzig und der Tauchaer zivilgesellschaftlichen Initiative SAfT e.V., die sich seit drei Jahren unter anderem um die Aufklärung über Themen wie die zunehmende Bedrohung durch rechtsradikale Äußerungen, aber auch um ein gemeinschaftliches Miteinander in Taucha, z. B. durch Freizeitangebote für Jugendlichen, bemüht.

In lockerer Atmosphäre konnten sich die Teilnehmerinnen- zehn Schülerinnen aus Tauchaer Schulen und der Waldorfschule Schönefeld und Daniela, Barbara und Julia von SafT e.V. – unter Anleitung von Ariane von MONALiesA zu Aussagen wie „Feminismus kämpft für die Rechte von Frauen“ , „Ich kann immer die Kleidung tragen, die ich möchte, ohne Bemerkungen über meinen Körper hören zu müssen“ oder auch „Wenn Frauen und Männer überall die gleichen Löhne bekommen, dann ist Gleichberechtigung erreicht“ positionieren – entweder mit „stimme zu“, „stimme nicht zu“ oder „dazu kann ich nichts sagen“.

Dann wurde dazu reflektiert. Über den Aspekt, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt, die sich auch wiederfinden wollen, wenn von Gerechtigkeit gesprochen wird. Dass Geld wichtig für eine Unabhängigkeit ist, aber nicht alle strukturellen Benachteiligungen damit ausgeglichen werden können. Und dass es etwas anderes ist, wenn die Wahl eines Kleidungsstücks zum entsprechenden Anlass oder das Passend-präsentiert-sein des Körpers darin zum Gegenstand der Kritik werden.

Einig waren die Teilnehmerinnen sich darin, dass auch Jungen und Männer von feministischen Errungenschaften profitieren und sich daher für diese Belange einsetzen sollten. Dann gab es eine kurze Einführung zur Geschichte des Feminismus und zu verschiedenen Begrifflichkeiten wie „Patriarchat“ oder „Sexismus“ – „Hier seid ihr ja schon total fit- da brauche ich gar nicht mehr viel erzählen“ freut sich die Vortragende Ariane.

Als Abschluss informierten sich die Teilnehmerinnen in Kleingruppen über bereits erfolgreiche Vernetzungen – Keine Schule ohne Feminismus (https://www.keineschuleohnefeminismus.de) – Catcalls of Leipzig von der Chalk Back Bewegung (https://radiomephisto.de/news/chalk-back-belaestigung-ankreiden-68622)
– Kleidung hat kein Geschlecht (https://www.maenner.media/gesellschaft/ausland/la-ropa-no-tiene-genero-kleidung-hat-kein-geschlecht/)  – und stellten sie sich gegenseitig vor.

Als zweiten Teil des Workshops ist die Gruppe Anfang September in das Conne Island in Leipzig eingeladen, um dort mit der Medienpädagogin Rahel die Musikanlage im Saal anzuwerfen und zu lernen, wie mensch sie zum Klingen bringt. „Darauf freue ich mich sehr“ meinte eine Teilnehmerin. Wichtiger war ihr aber, dass es mit dieser Runde einen Raum gegeben hat, wo die aus ihrer Sicht wichtigen Themen einmal angesprochen werden konnten, und dass sie das Gefühl hatte, hier könnten auch kritische Meinungen geäußert werden, ohne auf Ablehnung zu stoßen. Einer anderen war das Zusammenkommen besonders wichtig. „Das könnte jetzt meiner Meinung nach noch ein paar Stunden so weitergehen.“ Als Zusammenfassung lässt sich sagen: „Wir haben gesehen, dass unsere Wahrnehmungen zum Workshopthema auch andere bewegen und haben Lust, auch selbst etwas in Gang zu bringen.“

Na dann: Das Angebot hat die Möglichkeiten für junge Menschen in Taucha und Umgebung erweitert und gestärkt. Wir freuen uns darüber. Julia und Barbara von SAfT e.V.

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