Am 06.03.2020 lud der örtliche AfD-Stadtrat Klaus Hofmann zu einer öffentlichen Veranstaltung in die Grundschule am Park in Taucha ein.
Die Veranstaltung wollten wir nicht unkommentiert lassen und mobilisierten zu einer unter dem Motto „Rechte Hetze ist keine Alternative“ von Luise Neuhaus-Wartenberg (MdL DIE LINKE und Vorsitzende des Ortsverbandes Taucha) angemeldeten Kundgebung direkt vor dem Veranstaltungsort. Ziel war es, einen Anlaufpunkt im öffentlichen Raum zu bieten, an dem Menschen klar Haltung gegen die AfD beziehen können, sowie Besucher*innen und Veranstalter*innen mit direktem Widerspruch zu konfrontieren. Wir wollten Aufmerksamkeit binden und außerdem sollte Öffentlichkeit für andere politische Perspektiven geschaffen werden.
Für die Kundgebung mobilisierten wir vor allem in digitalen sozialen Netzwerken. Einen Aufruf zur Kundgebung veröffentlichten wir auf unserer Homepage saft.noblogs.org. Die Berichterstattung von Taucha Kompakt und LVZ stellte auch eine lokale Medienöffentlichkeit her. Des weiteren verschickten wir am 04.03.2020 eine Pressemitteilung, in deren Folge ein Beitrag beim MDR gesendet wurde. Wie zu erwarten war, ging es in den Berichten häufig um vermeintlich zu erwartende Eskalations- und Gewaltszenarien. Inhaltlich setzte sich vor allem Taucha Kompakt mit der Veranstaltung auseinander. Dort wurden sowohl Details zu den angekündigten Redner*innen zusammengetragen, als auch in einem späteren Beitrag Tauchaer Stadträt*innen nach ihrer Meinung bzgl. der AfD-Veranstaltung und des angekündigten Protestes befragt.
Der Aufbau und die Durchführung der Kundgebung funktionierte nahezu reibungslos.
Lediglich ein kurzer Disput mit den Vertreter*innen der Versammlungsbehörde vom Landkreis Nordsachsen sorgte kurz für Irritation.
Die Auflagen für die Kundgebung waren teilweise skandalös. Ein eher harmloses Beispiel:
Der Lautsprecherwagen sollte am nördlichen Rand des Versammlungsgeländes stehen und die Beschallungsanlage sollte ebenfalls nach Norden ausgerichtet werden. Mit Lautstärke sollten wir ausgleichen, dass die Lautsprecher dann in die Richtung gezeigt haben, in der eben nicht unsere Versammlungsteilnehmer*innen standen!!! Begründet wurde das mit Wohnbebauung am Kundgebungsort und der Gefahr, dass wir versuchen könnten, mittels Lautstärke die AfD-Veranstaltung zu stören. Wir setzten das zunächst halbherzig um und drehten dann im Verlauf der Kundgebung die Anlage, auch weil wir Probleme mit Rückkopplung hatten. ????
Mit zwischenzeitlich 200 Kundgebungsteilnehmer*innen (da sind wir uns mit der Versammlungsbehörde einig https://www.polizei.sachsen.de/de/MI_2020_71199.htm) hatten wir trotz des schlechten Wetters, herbei phantasierter Gewaltszenarien, großräumiger Absperrungen und omnipräsenten Polizeiaufgebotes unsere angestrebte Teilnehmer*innenzahl erreicht. Wir freuen uns, dass so viele Menschen aus Taucha an der Kundgebung teilgenommen haben und auch über die Unterstützung aus Leipzig. Vereinzelte Sprechchöre, mitgebrachte Transparente, zahlreiche Redebeiträge und Live-Musik von Tuba Libre aus Weimar ließen die Kundgebung zu einer lebhaften Angelegenheit werden.
Bereits im Vorfeld der Kundgebung wurden auch an dem Zaun der Mehrzweckhalle gegenüber der Grundschule weitere Transparente und Plakate angebracht, welche Kritik an der AfD verdeutlichen, aber auch eigene Inhalte kommunizieren sollten.
Eine künstlerische Intervention mit symbolischen Grabsteinen, auf denen bspw. „Offenheit“ oder „Freiheit“ beerdigt wurde und als Leichen stilisierte Strohpuppen, sorgte ebenfalls für Aufmerksamkeit und sollten verdeutlichen, welche (demokratischen) Werte durch die AfD in Gefahr sind.
Wir waren ganz besonders erfreut, dass so viele Initiativen unserer Einladung in Taucha einen Redebeitrag zu halten, gefolgt sind.
Die Vorstellung von unserer Initiative SAfT e.V. und ein Grußwort von Colorido e.V. Grußwort_ColoridoeV_Taucha_06032020 wurde spontan von zwei jungen Unterstützer*innen vorgetragen. Der Colorido e.V. weihte am gleichen Tag seine neuen Ladenflächen in Plauen ein und übermittelte uns solidarische Grüße. https://colorido.de/
Der nächste Redebeitrag Seebrücke_LE_Taucha06032020 handelte von der aktuellen Situation von Geflüchteten an den europäischen Außengrenzen und stammte von der Initiative Seebrücke Leipzig https://de-de.facebook.com/seebrueckeleipzig/.
Fridays for Future – Leipzig betonte die Wichtigkeit von der Verbindung vom Kampf für Klimagerechtigkeit und antifaschistischer Politik https://www.facebook.com/FridaysForFuture.Leipzig/.
Die Initiative Rassismus Tötet! – Leipzig, welche 2015 bereits mit einer Demonstration in Taucha die tödlichen Folgen neonazistischer Gewalt thematisierte, hielt ebenfalls einen Redebeitrag RassismusTötet_LE_Taucha06032020 https://www.rassismus-toetet-leipzig.org/
Das Dokumentationsprojekt Chronik.LE berichtete über rechte Strukturen in Taucha und die Vorfälle, welche 2020 bereits dokumentiert wurden. Der Redebeitrag ist auf der Homepage der Initiative nachlesbar: https://www.chronikle.org/inhalt/redebeitrag-kundgebung-rechte-hetze-keine-alternative
In einem weiteren Beitrag FemStreik_LE_Taucha06032020 wurde für die Teilnahme am Feministischen Kampftag anlässlich des internationalen Frauentages in Leipzig geworben. https://www.facebook.com/femstreikle/
Zum Abschluss erörterte ein engagierter Lehrer aus Leipzig, warum sich Lehrer*innen nicht von der AfD davon abhalten lassen sollten, sich im Rahmen ihrer Tätigkeit offensiv für Toleranz, Vielfalt und Offenheit einzusetzen. Empfehlenswert ist zu dem Thema bspw. das Kapitel „Zwischen Neutralität und Demokratiefeindlichkeit: die AfD und Schule“ aus der Broschüre „Demokratie in Gefahr“ von der Amadeu-Antonio-Stiftung https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/wp-content/uploads/2020/01/Demokratie_in_Gefahr_web.pdf (Seite 59 -65).
Für das Grußwort vom Netzwerk Polylux e.V., welches uns und andere Initiativen, die sich vor allem jenseits der Großstädte für eine solidarische Gesellschaft engagieren, blieb leider keine Zeit. Deren Beitrag könnt ihr hier nachlesen Grußworte_Polylux_Taucha06032020 https://www.polylux.network/
Nach dem letzten Redebeitrag wurde die Kundgebung offiziell beendet und bis 21.00 Uhr abgebaut. Wir bedanken uns nochmals bei allen Teilnehmer*innen, beim Roten Stern Leipzig e.V. für den Transporter und beim INTERIM für die Lautsprecheranlage.
Der befürchtete heiße Freitagabend in Taucha ging am Ende zur Erleichterung aller friedlich und ohne besondere Vorkommnisse über die Bühne.
Die LVZ veröffentlichte noch am gleichen Abend einen Artikel in dem es hieß „Der befürchtete heiße Freitagabend in Taucha ging am Ende zur Erleichterung aller friedlich und ohne besondere Vorkommnisse über die Bühne.“ Immerhin ging es auch kurz um die Inhalte, die sowohl im Jugendclub, als auch auf der Kundgebung thematisiert wurden. Wir kritisieren allerdings die inhaltliche Berichterstattung des LVZ-Artikels zur AfD-Veranstaltung, die deren Inhalte und die mangelhaften Diskussionskultur nicht erwähnte. Auch die Bebilderung des Artikels hätte, wie auch schon in der Vergangenheit bei Taucha Kompakt, anders gewählt werden können. Auf den ersten Blick wirkten die Medien-Beiträge auch in den sozialen Netzwerken teilweise wie Werbeanzeigen für die AfD-Veranstaltung. Außerdem kritisieren wir die Bezeichnung der Menschen, die uns aus Leipzig unterstützt haben, als angeblich Zugehörige der Autonomen Szene aus Leipzig die dann „abrückten“. Hier wurde das im Vorfeld herbeigeschriebene Gewaltszenario bedient. Dass der Gebrauch des Demonstrationsrechtes gegen reaktionäre Positionen in Taucha, wie häufig im eher kleinstädtischen Kontext, von einigen sofort als Störung und nicht als legitimes Mittel des „demokratischen Beteiligungsprozesses“ gedeutet wurde, kritisierte auch der Taucher Bürgermeister Tobias Meier in seinem Rückblick auf das Veranstaltungsgeschehen am 06.03.2020 in der Stadt. https://www.instagram.com/p/B9aUNM_How_/
Leider reichten bei uns die Kapazitäten nicht für eine zeitnahe resümierende Pressemitteilung. Trotzdem wollen wir durch diesen Bericht und einem weiteren zur ebenfalls gelungenen Veranstaltung unter dem Motto „Für eine vielfältige und bunte Stadt“ im Jugendclub Taucha am gleichen Tag, der hoffentlich in Kürze folgt, unsere Perspektive ausformulieren. Außerdem wird es auch noch eine kleine Einschätzung zur Veranstaltung der AfD geben.
SAfT e.V. – Solidarische Alternativen für Taucha