Berührende Lesung im Schloss: Taucha sammelt 250 € für Seenotrettung im Mittelmeer

Fast 30 Zuhörer*innen fanden am Sonntag den Weg zur szenischen Lesung „Ein Morgen vor Lampedusa“ in der Kulturscheune des Tauchaer Schlosses. In Anwesenheit des Autors, Antonio Umberto Riccò, führte das neu gegründete Theaterkollektiv Miranda das Stück von „Unser Herz schlägt auf Lampedusa“ aus Hannover auf.

Autor Antonio vor der Lesung des Stücks

Die fünf Sprecher*innen liehen den Beteiligten des Unglücks am Morgen des 3. Oktober 2023 ihre Stimmen. Wenige hundert Meter von der Insel Lampedusa entfernt ertranken damals 366 von insgesamt 545 Passagiere eines überfüllten Flüchtlingsschiffs – Menschen aus Eritrea, Somalia, Äthiopien und Syrien.

Die Verunglückten kommen zu Wort mit den Geschichten ihrer Flucht, der Überfahrt, ihrem Erleben des Unglücks.

Und die Helfenden schildern ihr Erleben: hunderte Menschen im Meer, die ihnen vollkommen entkräftet ihre Hände entgegen strecken. Die Unmöglichkeit, mehr Menschen retten zu können, das Mitansehen-Müssen, wie viele Menschen sterben müssen.

Und die sich aufdrängende Frage, warum nicht mehr Menschen gerettet werden konnten. Wo die Küstenwache so lange blieb. Warum einzelne Boote nicht halfen. Aus Angst vor der Bestrafung durch die italienischen Behörden, die helfende Seeleute mit Anklagen überziehen?

Begleitet wird die Lesung von Bildern von Rettungsaktionen der zivilen Rettungsschiffe, von Bildern von geretteten Kindern, Frauen und Kindern – von Trauer und Wut, Entsetzen.

Lesende des Theaterkollektives Miranda

Die Stille danach…

Nach dem Ende der Aufführung herrschte Stille, die der Autor Antonio Umberto Riccò behutsam unterbrach und berichtete, dass dies nach allen Lesungen passiert, weil es einfach nicht passend erscheint, zu applaudieren.

Gefragt nach den Beweggründen, warum er dieses Stück erarbeitet hat, erläutert Riccò von seiner Beobachtung, dass uns Nachrichten wie das im Zentrum der Lesung stehende Unglück in der Regel nur für wenige Tage intensiv berühren, dann aber wieder in den Hintergrund geraten und vergessen werden. Und dagegen wollte er etwas tun.

Noch heute ist er in Kontakt mit Menschen, die damals geholfen haben, die morgens auf ihren Fischerbooten unterwegs waren und lebendige und auch tote Menschen aus dem Meer bargen – und denen es schwer fällt, mit diesen Erlebnissen weiter zu leben.

Eines der Mitglieder des Theaterkollektivs erzählt davon, wie sehr sie sich wünscht, dass den geflüchteten Menschen mit ihren jeweils sehr eigenen Geschichten hier im Alltag einfach mehr Freundlichkeit entgegen gebracht wird: dass es nicht schon als ausreichend und ehrenwert erachtet wird, sie freundlich zu ignorieren – sondern dass ihnen auch ein Lächeln geschenkt wird, Interesse, Menschlichkeit…

Sächsische Zivilgesellschaft unterstützt Seenotrettung

Im Publikum waren zwei ehrenamtliche tätige Menschen der „Watch the med Alarmphone“-Initiative (mehr: https://alarmphone.org/de/ueber-uns/), die von ihrer Arbeit berichteten. Darüber hinaus gibt es u.a. die Sea-Eye Regionalgruppe Halle-Leipzig (https://sea-eye.org/gruppe-leipzig-halle/), deren Spendenaktion mit den 250 € unterstützt wird, die im Rahmen der Veranstaltung gesammelt wurden.

Wer für die Seenotrettung im Mittelmeer spenden möchte, kann das u.a. hier tun:
https://sea-eye.org/gruppe-leipzig-halle/

Weitere Lesungen und Demokratieprojekte

Die deutsch-italienische Gruppe „Unser Herz schlägt auf Lampedusa“ um Antonio Umberto Riccò arbeitet an weiteren Projekten, aktuell an einem „Demokratie-Stück“: In „Nachbarn. Sie waren Freunde, gute sogar“ treffen zwei frühere Nachbarn aufeinander, die in einer autoritären Gesellschaft nun auf verschiedenen Seiten stehen. Hier sind weitere Projekte der Gruppe zu finden: https://www.lampedusa-hannover.de/projekte/

Wenn Interesse an weiteren Aufführungen in Taucha und der Region besteht, sind wir als SAfT e.V. – Solidarische Alternativen für Taucha sehr interessiert, diese zu unterstützen und offen auch für gemeinsame Veranstaltungen.

 

 

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