Am 07.09.1944 erreichte der erste Transport mit 500 Sintize- und Romnja-Frauen aus dem KZ-Außenlager Altenburg das Außenlager in Taucha. Beide Standorte sind Außenlager des KZ-Buchenwald. Die vom SS-Kommando „HASAG“ geführte Transportliste ist in den Arolsen Archives erhalten und über die Online-Datenbank unter folgendem Link abrufbar → https://collections.arolsen-archives.org/de/archive/1-1-5-1_8036500 (ab Seite 5).
Im Tauchaer KZ-Außenlager in der heutigen Matthias-Erzberger 3a (ehemals Freiherr-vom-Stein-Str. 4) wurden von September 1944 bis Mai 1945 Zwangsarbeiter*innen inhaftiert, welche für die HASAG Rüstungsgüter ´herstellen mussten und unter menschenunwürdigen Bedingungen untergebracht wurden. Die HASAG übernahm das Lager 1944 von den Mitteldeutschen Motorenwerken, welche dort 750 Zwangsarbeiter*innen untergebracht hatten. Während der Nutzung als KZ-Außenlager waren dort etwa 1300 Frauen und 450 Männer – vor allem Jüd*innen und Sintize und Romnja – zur gleichen Zeit inhaftiert. Mehrere hundert Gefangene wurden in die Konzentrationslager Buchenwald, Ravensbrück und Bergen-Belsen wegen mangelnder Arbeitsfähigkeit deportiert.
Am 14. April 1945 wurde der größte Teil der Gefangenen bei der Räumung des Lagers auf einen Todesmarsch durch Sachsen gezwungen. Die Jüdin Ruth Elias überlebte die Verfolgung im Nationalsozialismus. Sie blieb bei der Evakuierung im Lager zur Betreuung von verletzten Inhaftierten zurück. Ihre Erinnerungen an die Zeit in Taucha sind in ihrer Biografie „Die Hoffnung erhielt mich am Leben“* niedergeschrieben. Auch von weiteren Inhaftierten sind Erinnerungen überliefert.
Heute steht auf dem ehemaligen Lagergelände eine Solaranlage. Die Fläche wurde durch das Sächsische Landesamt für Archäologie als Bodendekmal eingetragen. Am Ort selbst erinnert heute nichts an die ehemalige Nutzung als KZ-Außenlager.
Die HASAG galt als nationalsozialistischer Vorzeigebetrieb, welcher in Taucha zum Ende des zweiten Weltkrieges zwei Werksstandorte betrieb, für die zum Teil jüdische Firmen enteignet wurden. → siehe https://hasagpuzzle.hypotheses.org/650
In Taucha wurden seit 1935 mehrere Rüstungsbetriebe angesiedelt. Tausende „zivile Zwangsarbeiter*innen“, Kriegsgefangene und KZ-Inhaftierte wurden in Taucha in großen und kleinen Lagerstandorten untergebracht. An diese erinnert eine Stele am Kleinen Schöppenteich seit 2007. Der große organisierte Zuzug von Arbeiter*innen und die Verschleppung von Zwangsarbeiter*innen führte zu enormen baulichen Veränderungen in der kleinen Stadt am Rande von Leipzig. Die Infrastruktur der NS-Rüstungsindustrie und ihrer Folgeerscheinungen prägen das Stadtbild bis heute. Die Einwohner*innenzahl verdreifachte sich zwischen 1933 und 1945.
Das Gefolgschaftshaus der HASAG in Taucha wurde Anfang 2022 unter Denkmalschutz gestellt → https://hasagpuzzle.hypotheses.org/1694. 2022 wurde außerdem in einem Projekt des Erich-Zeigner-Haueses gemeinsam mit Schüler*innen des Geschwister-Scholl-Gymnasiums eine Stolperschwelle am Tauchaer Marktplatz verlegt, welche an die ehemaligen KZ-Inhaftierten erinnert → https://saft.noblogs.org/post/2022/02/04/kritische-anmerkungen-zu-geplanten-verlegung-einer-stolperschwelle-in-taucha/
2024 wurden Digitale Rundgänge zur HASAG in Taucha öffentlich zugänglich gemacht, welche über mehrere Monate von Studierenden im Rahmen eines Seminars an der Universität Leipzig erarbeitet wurden → https://hasagpuzzle.hypotheses.org/4402.
Wir möchten das Erinnern und Gedenken wach halten.
SAfT e.V. – Solidarische Alternativen für Taucha
*Das Buch ist in der Tauchaer Stadtbibliothek verfügbar.